Digitale kontaktlose Drucktechnologien wie das Aerosol Jet
Druckverfahren werden immer interessanter für die Fertigung elektronischer Bauteile. Denn damit lassen sich feinste Strukturen aus unterschiedlichsten Tinten herstellen. Auch die Medizintechnik profitiert davon.
Karl-Heinz Fritz, VP Development & Technology, Cicor Group
Dimitri Kokkinis, Development Engineer Printed Electronics, Cicor Group
Additive Fertigungsverfahren gewinnen immer grösseren Stellenwert in verschiedensten Industriebereichen, dies gilt im Speziellen auch für die Medizintechnik. Die voranschreitende Miniaturisierung, bzw. die Integration von immer mehr Funktionen bringt konventionelle Fertigungsmethoden an die Grenzen des Machbaren. Die Cicor Gruppe entwickelt und fertigt kundenspezifische gedruckte Elektronikanwendungen und setzt dafür das Aerosol Jet Druckverfahren ein.
Bei diesem von der Firma Optomec entwickelten Prozess werden die zu druckenden Materialien zerstäubt und als Aerosol auf die Substratoberfläche aufgebracht, dies im Gegensatz zur Inkjet Technologie welche mit einzelnen Tintentropfen arbeitet. Für die Herstellung von Leiterstrukturen werden typischerweise Tinten mit Metallnanopartikeln eingesetzt, es sind jedoch eine Vielzahl anderer Tinten verfügbar, wie z.B. dieelektrische, chemisch reaktive und nichtmetallisch leitfähige. Abhängig von der Viskosität der Tinten stehen verschiedene Zerstäubungsverfahren zur Auswahl. Der Düsendurchmesser kann an die Auflösung der zu druckenden Strukturen angepasst werden, wodurch es möglich ist Breiten zwischen 10 mm und 1 mm in einem Durchgang aufzubringen. Die Dicke der aufgebrachten Schichten bewegt sich in einem Bereich von mehreren 100 nm bis zu 50 mm. Für die Aushärtung der gedruckten Schichten müssen diese auf Temperaturen über 120 °C erhitzt werden. Für temperatursensitive Materialien stehen Verfahren bereit, die es ermöglichen die Strukturen selektiv zu erhitzen, dadurch nimmt das Trägermaterial keinen Schaden.
Die moderne Medizintechnologie verlangt nach vermehrtem Einsatz von Sensoren, sei es für die Analytik von Köperflüssigkeiten, das Erkennen von Infektionen oder vereinfachter bzw. permanenter Kontrolle von Vitalfaktoren wie zum Beispiel der Körpertemperatur. Durch die Vielfalt an verfügbaren Tinten, die jeweils auf den Anwendungszweck abgestimmt sind, eröffnen sich gänzlich neue Möglichkeiten, solche Sensoren herzustellen, bzw. diese auch in bereits bestehende Geräte zu integrieren. In der Folge werden wir auf einige konkrete Anwendungen eingehen.
Chemische Sensoren
Es stehen chemisch inerte und biokompatible Gold- und Platintinten zur Verfügung, die es ermöglichen, Sensoren zu drucken, die nicht mit den zu prüfenden Substanzen reagieren. Die Schichten können auf beliebige Trägermaterialien aufgebracht werden. Ein möglicher Anwendungsfall ist z.B. das Drucken von Sensoren in Mikrofluidik-Kanälen. Die Elektroden werden in weiterer Folge mit Reagenzien beschichtet, die mit bestimmten Substanzen, die im zu prüfenden Medium enthalten sind, reagieren. Das so erzeugte elektrische Signal wird über die gedruckte Elektrode an die Auswerteeinheit weitergeleitet. Die Ergebnisse dieser Tests liegen in der Regel innerhalb von wenigen Minuten vor. Diese Technologie kann für verschiedenste gasförmige und flüssige Medien eingesetzt werden, wie z.B. Körperflüssigkeiten. Es können verschiedene chemische Substanzen detektiert werden, auch der Einsatz im Bereich der Infektionstests ist denkbar.
Kapazitive Sensoren
Bedingt durch die Flexibilität der Aerosol Jet Technologie können leitfähige Strukturen auf verschiedenste Kunststoffe aufgebracht werden. Handelt es sich hierbei um kapazitive Sensoren, so können diese auf die Innenseite von Gerätegehäusen gedruckt werden und als Schalter genutzt werden. Eine weitere Möglichkeit ist, diese als Näherungssensoren zu verwenden, damit erkennt das Gerät, ob es am Körper getragen wird oder nicht. Diese Funktion kann zum Beispiel für Medikamentendosierungssysteme, wie z.B. Insulinpumpen, genutzt werden.
Temperatursensoren
Für Temperatursensoren stehen zwei verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Entweder kommen sogenannte Thermistortinten zum Einsatz, bei denen das Messprinzip auf der temperaturbedingten Widerstandsänderung der Leiterstrukturen beruht. Oder es werden zwei Metalltinten gedruckt, wobei hier das Bimetallprinzip Anwendung findet. Mögliche Anwendungsfälle hier sind die permanente Messung der Köpertemperatur, die Messung im Bereich von Wunden oder aber auch die Kontrolle der Lagerbedingungen von Medikamenten.
Biege-, Dehnung- und Kraftsensoren
Werden spezielle Tinten, die ihren Widerstand bei Dehnung oder Biegung verändern genutzt, können diese in Bereichen Verwendung finden, wo es darum geht, diese Belastungen zu überwachen. Für die die Messung von dynamischen Kräften oder Dehnungen besteht die Möglichkeit Piezotinten zwischen 2 Elektroden aufzubringen und anhand des generierten elektrischen Signals lokale Veränderungen zu messen. Druckt man diese Dehnungssensoren zum Beispiel auf Implantate, kann man aus den Messsignalen Erkenntnisse darüber gewinnen, ob diese im Körper mechanischem Stress ausgesetzt sind, was den Heilungsverlauf negativ beeinflussen kann, bzw. es verhindert, das gewünschte Endergebnis zu erzielen.
Eingebettete Sensoren
Eine zusätzliche Möglichkeit ist, eingebettete halbleiter- oder chipbasierende Sensoren anzubinden. Diese können zum Beispiel direkt im Werkzeug positioniert und anschliessend mit Kunststoff hinterspritzt werden. Die Anbindung kann dann direkt über den Aerosol-Jet Druck erfolgen. Die Temperaturbelastung für die Sensoren ist verglichen mit einem Lötverfahren deutlich geringer.
Fazit
Die Aerosol Jet Technologie bietet aufgrund ihrer Flexibilit eine Vielzahl von Einsatzmöglichkeiten In der Medizintechnik. Die Fähigkeit, auf verschiedensten 2- und 3- dimensonalen Oberflächen zu drucken, in Kombination mit der Integration von leitfähigen Strukturen in bestehende Systeme, kann einen wesentlichen Faktor in der fortschreitenden Miniaturisierung von Medizingeräten darstellen, oder die Herstellung dieser erst ermöglichen. Es gibt ein sehr grosses Materialportfolio verschiedenster Tinten, das fortwährend erweitert wird. Diese können im Bedarfsfall genau an die Applikation bzw. die geforderten Schichteigenschaften angepasst werden.